60 Jahre Flugplatz Ballenstedt
Ende der zwanziger Jahre herrscht bereits im nördlichen Vorharzgebiet ein reges Fliegertreiben.
Vorherrschend mit dem Gummiseil am Hang gegen den Wind fand der Start der selbstgebauten Segel- flugzeuge statt. Da der Wind bekanntlich aus unterschiedlichen Richtungen weht, wurde morgens bestimmt, an welchem Hang heute geflogen wird.
Beliebte Hänge waren der Heidberg nördlich von Quedlinburg, der Steinberg bei Börnecke, die Seweckenberge und natürlich auch die Gegensteine bei Ballenstedt. 1932 wurde das Gelände nördlich des großen Gegensteines hergerichtet, Startplätze wurden geschaffen, Hindernisse beseitigt.
Die Einweihung des Ballenstedter Segelflugplatzes am 2. Oktober 1932 zeigte, dass die an ein Fluggelände gestellten Ansprüche vollkommen erfüllt wurden und Ballenstedt zum Zentrum der mitteldeutschen Segelflugschulung werden konnte.
Im Rahmen der Festveranstaltung übergab Oberförster Machemehl im Namen von Herzog Joachim Ernst den Platz der Jungstahlhelm-Segelfluggruppe. Ziegeleibesitzer Kutz übernahm für die Segelflieger den Platz. Bürgermeister Markgraf, der zugleich im Namen des Kreises sprach, drückte seine Freude darüber aus, dass Ballenstedt nun wieder mit diesem Sportgelände um etwas reicher geworden sei. Die schaulustige Menge konnte dann die Hangflüge der "Quedlinburg", des "Elbvogels" und der "Otto v. Guericke" aus Magdeburg bestaunen. Das Ballenstedter Segelflugzeug war zu dieser Zeit noch im Bau.
Im Winter 1933/34 begann der Ausbau der Segelflugschule an den Gegensteinen durch die Ortsgruppe Ballenstedt des Deutschen Luftsportverbandes unter Leitung von Herrn Kutz.
Er wurde dann auch der erste Schulführer mit den Segelfluglehrern Gottfried Schmager, Wilhelm Wenthe und Gustav Löhr. Im April 1934 war bereits der erste Lehrgang, geflogen wurde mit Baby 1, Bussard, Röhnadler und Zögling. Die ersten Flugzeugschlepps erfolgten mit einer FW 44 Stieglitz.
Im September 1935 wurde durch die Ostgruppe des Deutschen Luftsportverbandes mit dem Bau einer Flughalle und des Schulungsgebäudes auf dem Berg an den kleinen Gegensteinen begonnen. Werkstatt und Garagen entstanden 1936. Der erste Lehrgang mit 60 Studenten aus Halle wurde vom 15.11. - 10.12.1935 mit SG 38 Schulgleiter durchgeführt.
Neben Ortsnamen trugen die Segelflugzeuge auch solche Namen wie "Raubgraf" oder "Wilbra". Diese Tradition haben wir bereits fortgesetzt, unser Doppelsitzer Bocian trägt den Namen "Der Badeborner". Am Hang wurden A- und B-Prüfungen geflogen. Mit Autohochstart und Seilwinde ging es dann in die Thermik zur C-Prüfung.
Der erste 5-Stundenflug gelang 1936.
Am 15.03.1939 gelang Gustav (Täve) Löhr ein Dauerflug an den Gegensteinen von 13 Stunden und 43 Minuten. Am 22.04.1939 flog er mit einem "Kranich" von Ballenstedt bis nach Kremmen, nördlich von Berlin (176 km).
Mit der Überleitung des Deutschen Luftfahrtverbandes in das Nationalistische Fliegerkorps am 01.04.1937 begann eine verstärkte vormilitärische Ausbildung im Segelflug für die damalige Luftwaffe, die bis 1944 / 1945 anhielt. 1941 /1942 wurde die große Flughalle nahe Aßmusstedt gebaut. Es wurden verstärkt Flugzeugschlepps für Flugzeugführer-Anwärter durchgeführt (auf Baby, Meise, Weihe, Kranich). Der Flugplatz wurde dann auch zur Motorfliegerschulung genutzt. (Bücker 181, Arado 96, Ju 87, Me 109, Fw. 190).
Nach Kriegsende, Mitte April 1945 in Ballenstedt, haben amerikanische Flieger mit den einsatzbereiten Segelflugzeugen Luftstarts unternommen. Die Entwicklung des Flugsports in Deutschland ist mit Namen Wasserkuppe, Laucha, Ith, eng verbunden, Ballenstedt wird stets im gleichen Atemzug genannt.
Der Flugsport wurde auch in der sowjetischen Besatzungszone und ab 1949 in der DDR wieder aufgebaut. Ab 1946 wurden bereits Modellflieger aktiv. 1947 wurden von flugbegeisterten Angehörigen der Eisen- und Hüttenwerke Thale mit Billigung des sowjetischen Generaldirektors ein Segelflugzeug unter Leitung von Willi Menter und Karl Wieland gebaut. Mit einem im Schrott gefundene Segelflugzeug-Transportanhänger wurde die Maschine zum Küsterberg bei Timmenrode gebracht. Mit einem Original-Gummiseil machte Willi Menter den ersten Hangstart. Doch die Blankenburger Polizei beschlagnahmte das Flugzeug.
Mit Gründung der Gesellschaft für Sport und Technik in der DDR im Herbst 1952 wurden die offiziellen Grundlagen auch für den Flugsport geschaffen.
Nur in dieser Organisation durften Sportflugzeuge gehalten und Piloten ausgebildet werden. Im Frühjahr 1953 bauten Kurt Dewerner, Rudi Schnurrbusch und Hannes Höntsch die Segelflugschule Ballenstedt wieder auf, die ersten Nachkriegsfluglehrer der DDR wurden hier ausgebildet. Es begann wieder am Hang mit dem Gummiseil und dem SG 38, bis mit Hilfe einer Maybachwinde Baby IIb, Olympiameise, FES-Doppelsitzer, Patriot oder Libelle, alles Flugzeuge aus DDR-Produktion, die Thermik wieder erreichbar wurde.
Später kamen Flugzeuge polnischer Herkunft wie Pirat, Foka oder Bocian hinzu. Schleppflugzeuge waren in dieser Zeit der Trener und die Podwa. Jährlich wurden ca. 2500 Starts unternommen, 1975 waren es sogar 3000.
1974 wurden mit den zwei Baby IIb und der Meise die letzten Starts unternommen, sie waren zeitlich abgelaufen und mussten verschrottet werden. Die Drachenflieger begannen ab 1975 den Hang zu nutzen, sehr aktiv war Peter Eckstein.
Auch Fallschirmspringen aus der AN 2 wurde lehrgangsweise in Ballenstedt durchgeführt. Natürlich waren die Modellflieger ständig aktive Platznutzer, viele Meisterschaften und Leistungsvergleiche zogen tausende Besucher an. Die Modellfluggruppen kamen aus Ballenstedt, Gernrode, Thale und Quedlinburg. 1973 wurde Fritz Strzys aus Ballenstedt Mannschaftsweltmeister in der Klasse F1 B (Gummimotor).